Ein Model nimmt Maß

Wenn Johannes Huebl nicht als gefragtes Model für Shootings um die Welt reist oder sogar selbst zur Kamera greift, kreiert er für Firmen inzwischen erfolgreich Kollektionen. Ein Gespräch mit ihm über den modernen Gentleman, stilvolle Maßanzüge und darüber, was er niemals an den Füßen tragen würde.

Was macht für Sie den modernen Gentleman aus?

Für mich ist das ein Mann mit Haltung, einer positiven Einstellung zum Leben, gutem Umgang, Höflichkeit gepaart mit Bildung. Es reicht definitiv nicht, einer Frau die Tür aufzuhalten. Es ist auch keine Frage der richtigen oder falschen Kleidung.

Sind Sie auch ein Gentleman?

Ich denke schon. Ich habe von meinen Eltern eben genau diese Erziehung mitbekommen. Also dass man freundlich, zuvorkommend, nicht zu laut, eher zurückhaltend sein sollte. Jeder hat mal eine Sturm-und-Drang-Phase, wo eben diese Tugenden vielleicht nicht zu ausgeprägt waren, aber man sollte sich als erwachsener Mann dann irgendwann besinnen und sich in Bescheidenheit und Dezenz üben.

Wie bezieht sich das auf den Bereich der Mode? Welchen Stil tragen Sie heute?

Wir durchlaufen ja alle Phasen des Ausprobierens in unserer Jugend. In den 90ern hatte ich Mal ein Faible für die Mode von Kurt Cobain oder hörte auch zum Beispiel viel amerikanischen Hip-Hop und kleidete mich dementsprechend. Dann kam irgendwann eine James-Dean-Phase. Mit Mitte 20, zeitgleich als ich nach New York zog, interessierten mich plötzlich Blazer und Anzüge mehr.

Was ist Ihnen bei Anzügen wichtig?

Ich schätze Maßanzüge, weil sie passgenau sitzen und ich sie mitgestalten kann. Ich bestelle sie seit sieben Jahren bei meinem Schneider Marc Anthony in Hamburg. Seit ich in New York lebe, sind meine Frau und ich sehr häufig auf Modeevents oder Filmpremieren. Ich ziehe mich dann gerne der Einladung und dem Dresscode entsprechend an. Diese vielen Events sind bestimmt auch ein Grund, warum sich mein Kleiderschrank immer weiter füllt.

Berät Sie Ihre Frau Olivia Palermo in Sachen Mode?

Nein, da bin ich sehr eigenständig. Sie kennt sich bei der Frauenmode sehr gut aus, aber natürlich ist uns unsere gegenseitige Meinung wichtig.

Welche Elemente hat die Mode, die Sie inzwischen auch für andere designen?

Ich bin geprägt von der englischen Gentlemen-Mode, aber auch von italienischer Formal Wear. Sie ist elegant, chic, mit einer eigenen Stilnote. Inzwischen bin ich auch ein bisschen experimenteller geworden und habe meine eigenen Nuancen gesetzt. Auf der anderen Seite ist es schwer, meinen Stil auf einen Nenner zu bringen. Ich bewege mich eher unabhängig von Trends. Sie werden bei mir zum Beispiel auch Blazer finden, die mir mein Vater vererbt hat und die ich auf mich habe anpassen lassen. In der Mode wiederholt sich bekanntlich viel, und es ist eine Reminiszenz an Stile aus der Vergangenheit.

Wo finden Sie die Ideen für Ihren Stil?

Ich beobachte viel und sammele Eindrücke im Internet oder sehe einen gut gekleideten Mann auf der Straße. Dann suche ich ein entsprechendes Foto und schicke es an meinen Schneider, oft mit konkreten Angaben und Verbesserungswünschen. Da meine Maße vorliegen, erhalte ich den Anzug dann in vier bis sechs Wochen geliefert.

Wie gelingt es Ihnen, auf Ihren zahlreichen Reisen immer modisch nach Ihren Wünschen gekleidet zu sein?

Das ist in der Tat eine Herausforderung. Meine Frau ist bald wieder bei den Fashionshows in Mailand, London und Paris. Sie erhält oft vor Ort Samples von Kunden, die sie tragen kann. Das ist bei mir leider nicht so einfach, da meine Anzüge maßgeschnitten sind und von der Stange zu viel geändert werden müsste, damit ich es schon am selben Tag anziehen kann. Wenn ich zu den Shows mitreise, muss ich zum Beispiel mindestens zwei Anzüge und einen Smoking einpacken. Allein die Smoking-Schuhe nehmen Platz weg und können nicht anderweitig mit meiner Tagesgarderobe kombiniert werden. Ich packe also sehr kreativ und reise inzwischen manchmal auch mit zwei Koffern.

Wie sieht denn ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus?

Jeder Tag ist anders. Ich bewege mich inzwischen im gesamten Umfeld der Mode. Ich habe als Model Fuß gefasst, bin also nach wie vor auf Shootings. Gleichzeitig berate ich Firmen für Kollektionen oder schaffe mir auch gerade mein Standing als Fotograf. Ich bin stolz, dass ich gerade für die spanische „Elle“ meine Frau für den Titel und acht bis zehn Innenseiten fotografiert habe. Es gibt aber auch Tage in meinem Office, an denen ich morgens erst mal unseren Hund nach dem Frühstück ausführe und mich dann in Ruhe an den Schreibtisch setze. Dann arbeite ich Jobs ab, die mit sechs Stunden Zeitverschiebung aus Europa schon auf mich warten.

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Ich bin immer häufiger selbst als Designer tätig. Ich habe Anzüge für die französische Firma Cremieux designt und für die Firma Scarosso über drei Saisons eine Schuhkollektion entworfen. Es ist gut möglich, dass ich in den nächsten Jahren als eigener Unternehmer zum Beispiel im Bereich Menswear eine eigene Linie entwickele. Auch in Sachen E-Commerce habe ich ein paar Ideen, die sich in den USA gut und schnell umsetzen lassen.

Was ist denn Ihr Must-have für diesen Herbst?

Ein gräulicher Herbstanzug im Prince-of-Wales-Stil. Ich mag auch gerade Monkstraps, Herrenschuhe mit dem außergewöhnlichen Schnallenverschluss.

Gibt es irgendetwas, was Sie auf keinen Fall tragen würden?

Jeder sollte tragen, was ihm gefällt. Aber Sommerschals als Accessoire habe ich noch nie verstanden. Und in Birkenstockschuhen oder Ledersandalen werden Sie mich auf keinen Fall sehen.

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