Unterwegs auf der Extrameile

Jochen Schweizer ist Firmengründer und Chef der gleichnamigen Unternehmensgruppe, die sich mit über 500 Mitarbeitern auf den Verkauf von Erlebnissen spezialisiert hat. Ein Gespräch mit ihm über den idealen Firmengründer, Geschäftserfolg dank operativer Exzellenz und die richtige Auswahl von Mitarbeitern.

Wie gewinnt Sie ein Gründer, damit Sie in sein Geschäft investieren?

Für mich ist der Mensch entscheidend. Denn Businessplan, Markt und Produkt oder Dienstleistung sind variabel. Sie verändern sich, müssen sich laufend verändern. Der Gründer, sein Charakter, seine Energie, sein Wille sind die am Ende entscheidenden Faktoren. Er muss bestimmte Führungseigenschaften vorweisen, die nicht jeder hat. Insbesondere die nötige Energie, um die Extrameile zu gehen. Dazu Empathie, und die Fähigkeit, andere zu begeistern und ein Team zusammenzuhalten. Er benötigt die Fähigkeit, Partner für strategische Allianzen zu gewinnen. Idealerweise ist er offen für Beratung.

Sie würden also sagen, dass nicht jeder ein Unternehmen gründen kann?

So ist es. Nicht jeder ist zum Gründer geeignet. Gründen erfordert Kreativität und den starken Willen, Leistung zu erbringen.

Die Idee und der Businessplan spielen keine Rolle?

Die sollten natürlich fundiert sein. Der Businessplan zeigt, wie realistisch sich der Gründer mit Markt und Wettbewerb auseinandergesetzt hat. Danach ist er für mich aber weitgehend nur eine Absichtserklärung. Aus Erfahrung weiß jeder Unternehmer, dass die Inhalte des Plans in der Realität später so gut wie nie stattfinden werden.

Wie empfinden Sie die Gründerkultur in Deutschland? Hat man es als Firmengründer leicht oder schwer?

Ich kenne nur Deutschland als Land für Gründer. Und in dem ist es mir gelungen. Deswegen möchte ich nicht einstimmen in den Chor derjenigen, die behaupten, dass es bei uns schwieriger wäre, als anderswo. Ich weiß nicht, ob ich in Amerika Erfolg gehabt hätte. Auffallend ist allerdings, dass es einen weit verbreiteten Tenor gibt. Wenn jemand eine Geschäftsgründung wagt und scheitert, dann gibt es immer Leute, die sagen: Siehst Du, hättest Du das nicht gemacht, würdest Du jetzt nicht auf der Nase liegen. Wenn er es wagt und gewinnt, ist er schnell der böse Unternehmer, der die anderen ausbeutet. Jede gelungene Gründung schafft Arbeitsplätze und motiviert andere, es auch zu versuchen. Ich meine, Deutschland ist ein gutes Land, um Unternehmen zu gründen.

Was unterscheidet Ihr Unternehmen von anderen Firmen? Oder anders gefragt: Wie sind Sie zum Marktführer im Bereich Erlebnisse geworden?

Unsere Marke. Sie ist authentisch, über mehr als 25 Jahre gewachsen und hat alle Stürme überdauert. Dabei haben wir in dieser Zeit unser Geschäftsmodell – immer ging es dabei um Erlebnisse und Events – mehrfach neu erfunden. Um über 1.700 verschiedene Erlebnisse an mehr als zehntausend Orten anbieten und in hoher Qualität auch liefern zu können, gibt es sicher 60 oder 70 Faktoren, die erfolgsrelevant sind. Während andere Marktteilnehmer den Großteil der Energie auf Marketing richten, konzentrieren wir uns darauf, unser Produkt als Geschenk aber auch zum konkreten Termin für jeden Kunden hochkomfortabel selbst erlebbar zu machen.

Und wie bleibt man Marktführer, wenn man diesen Punkt erreicht hat?

Um die besten zu bleiben, müssen wir immer besser werden. Das Stichwort lautet „operative Exzellenz“. Das bedeutet nichts anderes, als dass jeder, der hinter der Marke steht, immer versucht, sein Bestes zu geben. Ich strebe selbst danach, bei allem was ich tue. Leider gelingt es mir nicht immer und so geht es auch allen meinen Mitarbeitern. Wenn es einer aber erkennbar ernsthaft versucht und es geschieht ein Fehler, dann kritisiere ich ihn nicht. Er wird es das nächste Mal besser machen. Diese Kultur zieht gute Mitarbeiter an. Erfolg benötigt klar definierte Ziele. Man erreicht sie oder die Ziele verändern sich. Und so verändert sich auch das Unternehmen. Für mich gilt: Da wo ich mich jeweils befinde ist mein Ausgangspunkt. Ich bin immer auf dem Weg und nie im Ziel. Das ist der Anspruch an sich selbst.

Aber wie wählen Sie Ihre Mitarbeiter aus, damit sie dem ebenfalls gerecht werden?

Ich habe früher Bewerbungsunterlagen nur überflogen, um zu sehen, welchen Background der Bewerber hat. Wichtig sind für mich Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft, Offenheit und Humor. Wir brauchen Leute, die etwas anschieben wollen. Das macht unsere Firma erfolgreich im Wettbewerb. Die Stellung der Jochen Schweizer Unternehmensgruppe im Markt beruht ja nicht allein auf mir. Eine Marke ist nichts anderes als die kollektive Intention aller Menschen, die hinter ihr stehen. Der Erfolg des Unternehmens ist die Summe der täglichen Arbeit aller Mitarbeiter und deren Bereitschaft, ihr bestes zu geben. Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, das Streben nach operativer Exzellenz zu ermöglichen und zu fördern. Dies braucht klare Führung durch die erste und zweite Ebene. Dann leben das die Mitarbeiter auch.

Orientieren Sie sich auch am Wettbewerb?

Ich bin wachsam, wenn es signifikante Veränderungen gibt. Ich erhalte eine monatliche Wettbewerbs-Analyse, schaue aber nur selten rein, da diese Auseinandersetzung auf der operativen Ebene stattfindet und da sind wir sehr gut aufgestellt. Manchmal ärgere ich mich, wenn wir kopiert werden. Nur sehr selten ändern wir unseren Kurs. In der Regel folgen wir zuversichtlich unserer Idee: Jeder Touchpoint mit uns und unserer Marke muss zu einem positiven Kundenerlebnis werden.

Welche Projekte stehen in Ihrem Terminkalender gerade an?

Im Süden Münchens bauen wir zusammen mit der Airbus Group bis 2017 auf 15.000 m² die Jochen Schweizer Welt. Es gibt dort eine Indoor-Skydiving-Anlage, einen vertikalen Windkanal, in dem jeder Mensch den Urtraum der Menscheit erleben kann: Frei zu fliegen, mit nichts als dem eigenen Körper. Außerdem kann auf einer stehenden Welle unter Realbedingungen gesurft werden. Im Outdoor Bereich gibt es einen Kinderspielplatz mit speziellem Lernkonzept und einen multifunktionalen Hochseil-Klettergarten. Hinzu kommen eine eigene Gastronomie sowie Tagungs- und Seminarräume. Das Besondere daran: Der Großteil der Energie für die Erlebniswelt wird aus erneuerbaren Energien gespeist, wie auch in Luzern, wo wir in der „Mall of Switzerland“ ebenfalls ein Surfwellenprojekt realisieren.

Sehr am Herzen liegt mir auch VOLT, ein mit 35.000 m² Bruttogeschoßfläche großes, mehrstöckiges zukunftsweisendes Immobilienprojekt in Berlin, südlich des Alexanderplatzes. Als Multi Brand House wird VOLT Berlin Einzelhandels-Markenwelten, Gastronomie- und Hotelbetrieb mit einzigartigen Erlebnisangeboten wie Surfwelle und Windtunnel vereinen. Es spricht dann eine trendbewusste, internetaffine, sportive und generationenübergreifende Zielgruppe an.