Eine haarige Angelegenheit

Bisher waren es immer die potentiellen First Ladies, die sich im US-Wahlkampf einer öffentlichen Schönheitskür unterziehen mussten. Jetzt geht es auch um die Kandidaten selbst – genauer: um deren Haare.

Wahlen werden manchmal haarscharf entschieden. Da müssen Sie mal den armen Al Gore fragen, der im Jahr 2000 gegen George W. Bush den begehrten Platz auf dem Stuhl im Oval Office nur knapp verpasste. Gore lässt sich deshalb sicher heute noch graue Haare wachsen.

Bushs aktueller Herausforderer John Kerry ist da von ganz anderem Kaliber. Er hat fulminant sein Programm bekannt gegeben mit den Worten: „Wir haben eine bessere Vision, bessere Ideen, wirkliche Pläne. Wir haben ein besseres Gefühl dafür, was in Amerika passiert – und wir haben bessere Haare.“

Demokratische Fuelle

Voll und grau meliert sind die Haare des JFK aus Massachusetts, in früher Jugend waren sie noch pechschwarz. Mit einem Scheitel auf der linken Seite. Hinten und rechts und links sind sie leicht gestuft und liegen cirka einen Zentimeter über den Ohren. Da dürfte jeder Banker oder Fernsehmann vor Neid erblassen, so viel Kompetenz, so viel Seriosität strahlen sie aus.

Vor zwei Wochen hat er die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und sich für einen Running Mate, seinen Vize also, entschieden. Der ist nicht nur mächtig charmant, millionenschwer und jung. Nein, wir ahnen es schon – John Edwards hat auch volles Haar. Glatt zwar, aber es reizt vermutlich Gattin Elisabeth zum Reingreifen und Rumwuscheln. Es besticht durch einen leichten Braunton, der obligatorische Scheitel liegt auf der anderen Seite und sieht vor den TV-Kameras natürlich auch umwerfend seriös aus. Bei so viel Fülle geriet sogar Ex-Vietnam-Veteran John Kerry ins Schwärmen: „Ich finde es toll, noch einen anderen Kandidaten auf dem Weg zu haben, der Haare hat.“

Samsons Zopf

Arme Republikaner, für sie könnte ein solches Kopf-an-Kopf-Rennen noch eine haarige Geschichte werden – falls sich auch die bibelfesten Amerikaner am Gleichnis vom starken Samson orientieren, dem bekanntlich Delila den Zopf abschnitt und ihn so seiner sämtlichen Kräfte beraubte. Machen die Wähler also die Rechnung auf: viel Haar = viel Power und Kampfesgeist als „leading man“ im Weißen Haus?

Wenn man’s schon bei Tieren tut – bei Zuchthengsten schaut man bekanntlich genauer hin, ob das Fell schön schimmert – warum auch nicht beim Menschen? Ein anderes Beispiel: Ex-Präsident Bill Clinton zog 1992 gegen seinen Rivalen Bush sen. in den Wahlkampf – und gewann. Wir wollen hier keine Haarspalterei betreiben, aber lag es vielleicht nicht auch hier an der Fülle auf dem Kopf? Clinton ist da bekanntlich reich gesegnet und Bush Seniors Haarpracht war damals schon auf dem Weg, in Ehren zu verschwinden.

Republikanische Leere

George Bush jun. sollte sich also schleunigst Gedanken machen. Für eine wahre Prachtmähne ist seine Kopfzier viel zu kurz. Und man sieht ihn verdächtig oft eine Baseballkappe tragen. Sind da etwa lichte Stellen zu kaschieren?

Verlieren wir abschließend noch einen letzten Satz über Vizepräsident Dick Cheney. Verlieren ist das richtige Stichwort, an Cheney kann man nämlich nach dem neuen Maßstab kein gutes Haar lassen. Denn auch die drei weißen Strähnchen auf der Stirn können die Wahrheit nicht verdecken: Der Mann hätte nicht mal heil die Vorwahlen überstanden. Und sollten er und Bush die kommende Wahl verlieren, kann er sich wohl kaum die Haare raufen.